Geschichten aus dem Alltag eines Anwalts

Sprafke's Blog

Trüffelschwein. Oder: Die Arroganz der Strafverfolger

Eine wahre Geschichte aus Heilbronn. Die dortige Staatsanwaltschaft hatte gegen einen jungen Mann ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Vorwurf lautete: Besitz von Kleinstmengen Marihuana, Marihuana-Tabak-Gemisch und allerlei Ecstasy-Tabletten. Der Mandant beteuert, niemals Ecstasy-Tabletten besessen oder konsumiert zu haben. Außerdem seien keine Tabletten gefunden worden sondern irgendwelche Vitaminpräparate in Kapseln. So weit, so gut.

Der Mandant hatte aber nicht mit dem (vermeintlichen) Scharfsinn eines ganz schlauen Strafverfolgers bei der Schutzpolizei gerechnet. Der stellte wissenschaftlich fundiert fest, daß es sich eben bei den Kapseln um Ecstasy-Tabletten handele. Es reichte diesem Polizist das bloße Auge und seine langjährige Erfahrung. Die Beteuerung des jungen Mannes während der Durchsuchungsmaßnahme am frühen Morgen, es handele sich nicht um Drogen, war natürlich vom Polizeibeamten schnell als abwegige Schutzbehauptung entlarvt. Von einem Menschen, der Umgang mit Marihuana hat, kann man ja die Wahrheit nicht erwarten.

Er legte den Sachverhalt der Staatsanwaltschaft vor, die sich dem verdienten Ermittler im Hinblick auf die sachverständigen Ausführungen zur Art des Betäubungsmittels anschloß und Strafbefehl beantragte.

Nach eingelegtem Einspruch wurde vorgetragen, es handele sich nicht um BtM. Das Amtsgericht, von seiner Aufklärungspflicht ganz und gar vereinnahmt, legte die Asservate dem zuständigen LKA vor und bat um die Erstattung eines Gutachtens. Und siehe da: Es waren keine Stoffe feststellbar, die dem BtMG und seinen Anlagen unterfallen.

Das Verfahren wurde dann auf meinen Antrag hin – wegen der Rauchwaren –  gem. § 153 StPO eingstellt. Leise, still und heimlich außerhalb der Hauptverhandlung. Man hat ja oft so seinen Kummer mit den Strafverfolgungsbehörden. Aber das schlägt dem Faß den Boden aus. Hier nahm man sehenden Auges in Kauf, daß jemand unschuldig verurteilt wird.